Der Präsident ist in doppelter Isolation, gesundheitlich und politisch.
Biden hat sich den Rufen nach einem Rückzug bisher vehement widersetzt. Aber wie lange noch? Der Druck, den seine Kritiker sicher auch mit Durchstechereien erhöhen wollen, ist das eine.
Das andere sind die Fakten. Am Rande des Nato-Gipfels hatte der Präsident erklärt, er werde nur aus dem Rennen aussteigen, falls die Umfragen zeigen sollten, dass er nicht gewinnen könne. Diese Ansage ist schlecht gealtert. Denn gerade in den wichtigen Swing States zeigen Bidens Kurven seit seinem Debattendesaster nach unten. Zuletzt nannte der 81-Jährige auch noch medizinische Gründe, die ihn im Ernstfall zur Aufgabe zwingen könnten. Nun hat Biden Covid, »milde Symptome«, wie sein Leibarzt betont. Doch die Bilder, die nach Bekanntgabe der Infektion öffentlich wurden, zeigen einmal mehr einen gebrechlichen Mann.
Es ist inzwischen kaum mehr vorstellbar, wie Biden weitermachen will. Er habe die Zeichen der Zeit erkannt, berichten US-Medien. Und so dürfte der Präsident gerade mit seinen engsten Vertrauten an einem gesichtswahrenden Ausstieg arbeiten. Jetzt, wo die Trump-Show in Milwaukee vorbei ist, werden die Demokraten wohl eine neue Kandidatin oder einen neuen Kandidaten in Stellung bringen.
- Mehr Hintergründe hier: Für Joe Biden naht die Stunde der Wahrheit
Hulk Hogan, Kid Rock – und dann Donald Trump
Das Chaos bei den Demokraten steht im scharfen Kontrast zur Harmonie bei den Republikanern. Sicher, viel davon ist Parteitagsshow. Doch dass auch alte Rivalen wie Nikki Haley, Marco Rubio und Ron DeSantis dem Ex-Präsidenten öffentlich huldigen, zeigt, wie sich Donald Trump die Partei untertan gemacht hat.
Der Anführer trat am Donnerstagabend schließlich selbst auf die Bühne in Milwaukee, um sich von Tausenden Fans bejubeln zu lassen. Im Vorprogramm durfte unter anderem der rechte Talkmaster Tucker Carlson die Ukrainehilfen als »Mittelfinger« an alle Amerikaner bezeichnen; durfte sich Ex-Wrestler Hulk Hogan ein Hemd vom Leib reißen und Kid Rock seinen Song »American Bad Ass« ins Publikum grölen.
Trump selbst hatte für seine erste Rede seit dem Attentat vom vergangenen Wochenende versöhnliche Worte angekündigt. Und so versprach er gleich zu Beginn, die Spaltung des Landes überwinden zu wollen. Er wolle Präsident für ganz Amerika sein, »nicht für die Hälfte Amerikas, denn es gibt keinen Sieg, wenn man für die Hälfte Amerikas gewinnt«. Fast den gesamten Auftritt über bemühte er sich um einen seltsam gedämpften Ton, sodass man selbst seine üblichen Angriffe gegen die Demokraten (»böse Menschen«, »Betrüger«, »Hexenjagd«) zwischenzeitlich fast überhören konnte. Nach einem Präsidenten für ganz Amerika, nach der Überwindung von Spaltung klang es trotzdem nicht.
Nur weil er die Lautstärke dimmt, ist es noch kein neuer Trump.
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Urteil im Boateng-Prozess
Es ist schon das vierte Mal, dass sich ein Gericht mit diesem Fall befasst. Zweimal war Jérôme Boateng schuldig gesprochen worden, zuletzt vom Landgericht München wegen Körperverletzung und Beleidigung. Das Urteil wurde wegen Verfahrensfehlern aufgehoben, an diesem Freitag nun fällt eine andere Kammer des Landgerichts ihre Entscheidung.